Die GbR wird rechtsfähig
Durch das MoPeG folgt der Gesetzgeber der Rechtsprechung und unterscheidet im BGB künftig ausdrücklich zwischen einer rechtsfähigen und nicht rechtsfähigen Gesellschaft (§ 705 Abs. 2 BGB).
Die nicht rechtsfähige GbR (auch: Innengesellschaft) wird nicht unternehmerisch tätig, sie nimmt nicht am Rechtsverkehr teil, sondern dient den Gesellschaftern nur zur Ausgestaltung ihrer Rechtsverhältnisse untereinander.
Im Gegensatz dazu nimmt die rechtsfähige GbR (auch: Außen-GbR, Außengesellschaft) am Rechtsverkehr teil. Sie ist Trägerin von Rechten und Pflichten. Dies bedeutet, dass die GbR selbst Vertragspartnerin ist und Schuldnerin oder Gläubigerin daraus folgender Ansprüche wird. Das Vermögen der GbR wird der Gesellschaft selbst zugeordnet, das Gesamthandsprinzip gilt künftig nicht mehr. Die GbR ist im Zivilprozess parteifähig und kann in eigenem Namen klagen oder verklagt werden. Daneben ist die Klage gegen einzelne Gesellschafter weiterhin möglich.
Die GbR gilt als rechtsfähig, wenn sie nach dem gemeinsamen Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Die Rechtsfähigkeit wird vermutet, wenn der Gegenstand der GbR der Betrieb eines Unternehmens unter gemeinschaftlichem Namen ist (§ 705 Abs. 3 BGB).
Neu ist, dass die GbR im Verhältnis zu Dritten erst entsteht, sobald sie mit Zustimmung aller Gesellschafter am Rechtsverkehr teilnimmt, spätestens aber mit ihrer Eintragung im Gesellschaftsregister (§ 719 BGB).
Gesellschaftsregister – mehr Bürokratie aber auch mehr Transparenz und Vertrauen
Eine der wichtigsten Neuerungen ist das Gesellschaftsregister, das zusätzlich zu Handelsregister und Transparenzregister eingeführt wurde.
Das Gesellschaftsregister ist vor allem für Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) relevant, da diese bislang in keinem Register (z.B. Handelsregister) eingetragen waren.
Die Registrierung im Gesellschaftsregister erfordert notarielle Beglaubigung. Erfasst werden die GbR und ihre Gesellschafter, nicht jedoch die Beteiligungsquoten, der Gesellschaftszweck und der Gesellschaftsvertrag. Eingetragene GbRs erhalten den Namenszusatz „eGbR“ (eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts).
Zwar ist die Eintragung in das Gesellschaftsregister grundsätzlich freiwillig. Jedoch ist die Eintragung Vorbedingung für die Eintragung im Grundbuch und Schiffsregister sowie die Eintragung als Gesellschafterin anderer Gesellschaften im Handelsregister.
Somit gilt faktisch ein „Eintragungszwang“ für einen Großteil der GbRs im Rechtsverkehr, insbesondere für GbRs mit Immobilienbezug (sog. „Immobilien-GbRs“), unternehmenstragende GbRs, die am Markt auftreten (vor allem Gewerbebetriebe), vermögensverwaltende GbRs mit Beteiligungsbesitz (z.B. Holdings) sowie Freiberuflersozietäten (z.B. Arztpraxen).
Über die gesetzliche Verpflichtung hinaus ist damit zu rechnen, dass die Eintragung in das Gesellschaftsregister in puncto Transparenz und Sicherheit im Rechtsverkehr als „Seriositätsbeweis“ wahrgenommen wird.
Praxishinweise:
der durch Eintragung in das Gesellschaftsregister erfahrene Namenszusatz „eGbR“ erfordert zahlreiche Änderungen in der Außenkommunikation betroffener Gesellschaften (z.B. Impressum, Vertragsvordrucke, E-Mail-Signaturen, usw.). Außerdem zieht die Eintragung im Gesellschaftsregister die Pflicht der eGbR nach, ihre wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister laufend, d.h. auch bei nachträglichen Änderungen, mitzuteilen.
Geänderte Haftungsrisiken – Gesellschaftsvertrag überprüfen
Der Wegfall des Haftungsprivilegs im Innenverhältnis bei einer GbR, oHG, KG und PartG bedeutet, dass ein Gesellschafter seit dem 1. Januar 2024 gegenüber der Gesellschaft und den übrigen Gesellschaftern für fahrlässige Pflichtverletzungen einstehen muss und haften kann.
Bei vielen Gesellschaftsverträgen besteht daher Anpassungsbedarf, der idealerweise bereits rechtzeitig vor Inkrafttreten des MoPeG erkannt und umgesetzt worden ist.
Auch weitere, durch das MoPeG in Kraft getretene Vorschriften machen die Überprüfung bestehender GbR-Gesellschaftsverträge, z.B. hinsichtlich Nachfolgeklauseln, Gewinn- und Verlustverteilung, sowie Abfindungs- und Beschlussregelungen dringend empfehlenswert.
Abschaffung des Gesamthandsprinzips
Im Gegensatz zu Kapitalgesellschaften trat bisher bei Gesamthandsgemeinschaften keine Verselbständigung des Gesellschaftsvermögens in der Hand der Personengesellschaft ein.
Dieses Gesamthandsprinzip, nachdem Vermögenswerte einer Personengesellschaft gemäß bisheriger Rechtslage als gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter (§§ 718, 719 BGB alter Fassung) galten, wurde für Personengesellschaften durch den neuen § 713 BGB offiziell abgeschafft.
Seit dem 1.1.2024 gelten diese Vermögenswerte nun als Vermögen der Gesellschaft.
Umwandlungsfähigkeit der eGbR
Die eGbR wird umwandlungsfähig und kann Verschmelzungen, Spaltungen und Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) vollziehen.
Die Eintragung im Gesellschaftsregister ist somit Voraussetzung dafür, dass eine eGbR übertragender, übernehmender oder neuer Rechtsträger ist.
Steuerliche Änderungen
Da ertragsteuerliche Auswirkungen durch das MoPeG nicht beabsichtigt waren, gelten rechtsfähige Personengesellschaften für ertragssteuerliche Zwecke sowie bei Erbschaft- und Schenkungsteuer (§ 2a ErbStG) wie bisher weiterhin als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen.
Dennoch kam es vor dem Jahreswechsel 2023/2024 zu erheblichen Irritationen bezüglich der Auswirkungen des MoPeG auf die Grunderwerbsteuer.
Der Grund hierfür:
das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) enthält ein umfassendes Befreiungsregime bei Übertragung auf eine Gesamthand (§ 5 GrEStG) bzw. von einer Gesamthand (§ 6 GrEStG) bzw. bei Umwandlung von gemeinschaftlichem Eigentum in Flächeneigentum (§ 7 Abs. 2 GrEStG).
Der Wegfall des Gesamthandsprinzips hätte bisher ungeahnte steuerliche Konsequenzen für Personengesellschaften gehabt, so dass für sämtliche o.g. Übertragungs- und Umwandlungsvorgänge Grunderwerbsteuer angefallen wäre.
Ein Beispiel:
Hätte ein Ehepaar seine vermietete Immobilie, z.B. ein vermietetes Wohnhaus in Hamburg mit einem Verkehrswert von 3 Mio. Euro, auf eine Personengesellschaft mit identischen Eigentums-/Beteiligungsverhältnissen übertragen, wären ab dem 1.1.2024 hierfür 5,5 Prozent Grunderwerbsteuer, also 165.000 Euro fällig geworden.
Die Entscheidung:
Erst zwei Wochen vor dem Jahreswechsel 2023/2024 haben die Bundesregierung und die Länder durch das Kreditzweitmarktförderungsgesetz eine Kompromisslösung gefunden.
Die Folge:
Durch den neu eingeführten § 24 GrEStG, wonach rechtsfähige Personengesellschaften für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen gelten, werden die Steuerbefreiungen für Personengesellschaften um drei Jahre bis zum 31.12.2026 verlängert.
Möglicher Handlungsbedarf:
Gestaltungsüberlegungen mit grunderwerbsteuerlichem Bezug, bei denen Personengesellschaften involviert sind, z.B. die Übertragung von Grundstücksvermögen auf eine Familiengesellschaft, sollten nun wegen der befristeten Steuerbefreiung zügig angestellt und bis Ende 2026 umgesetzt werden.
Wie es ab dem 1.1.2027 weitergeht, ist noch nicht absehbar. Die beschlossene Dreijahresregelung impliziert, dass sich der Gesetzgeber für eine Neuregelung Zeit nehmen will. Ob und zu welchen Bedingungen Übertragungen zwischen Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern ab 2027 steuerbefreit sein werden, ist zurzeit offen.
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